Und schon wieder ein neues soziales Netzwerk. Wenn man diese Netzwerke denn als sozial bezeichnen möchte. Allerdings soll Ello anders sein. Es wurde schon gemunkelt, Ello könnte Facebook Konkurrenz machen. Aber das wurde auch schon über zahlreiche Vorgänger gesagt. Heißt also noch nicht viel.
Ein Hype ist trotzdem entstanden. Vermutlich wegen dem Manifest. Darin wird nicht mit der Aussage gegeizt, Ello wäre anders. Ohne Werbung, ohne das Nutzerdaten verkauft werden. Ohne Eingriffe in die Timeline oder ähnliches.
Hier das Manifest im Wortlaut:
Your social network is owned by advertisers.
Every post you share, every friend you make and every link you follow is tracked, recorded and converted into data. Advertisers buy your data so they can show you more ads. You are the product that’s bought and sold.
We believe there is a better way. We believe in audacity. We believe in beauty, simplicity and transparency. We believe that the people who make things and the people who use them should be in partnership.
We believe a social network can be a tool for empowerment. Not a tool to deceive, coerce and manipulate — but a place to connect, create and celebrate life.
You are not a product.
Zugegebenermaßen hört sich dieser Text wirklich gut an. Beschreibt recht gut, was mich persönlich, und sicherlich auch viele andere, an sozialen Netzwerken stört. Da ich Ende September eine E-Mail mit der Einladung zu Ello in meinem Postfach hatte, habe ich mir den Dienst mal genauer angesehen.
Twitter nervt immer mehr
Denn die brennende Frage ist, ob Ello tatsächlich anders ist? Mir geht Twitter recht häufig auf den Senkel. Nicht nur wegen endloser Debatten über das beste Smartphone oder das beste Betriebssystem, sondern auch, weil immer mehr Eingriffe in die Timeline stattfinden. Zumindest über die offizielle iPhone App konnte ich das gut beobachten, wie einige Screenshots zeigen.
- Abb. 1: Die rot umrandeten Tweets kommen von Accounts, denen ich nicht folge.
- Abb. 2: Die rot umrandeten Tweets kommen von Accounts, denen ich nicht folge.
- Abb. 3: Die rot umrandeten Tweets kommen von Accounts, denen ich nicht folge.
- Abb. 4: Die rot umrandeten Tweets kommen von Accounts, denen ich nicht folge.
Bei der Webseite ist mir das noch nicht aufgefallen. Obige Eingriffe in meine Timeline hatten schnell zur Folge, dass ich Twitter von meinem iPhone gelöscht habe. Und zwar völlig. Eine andere App möchte ich zurzeit auch gar nicht. Ich genieße die Ruhe und mein reflexartiges Greifen nach dem Smartphone wird auch immer weniger.
Die rot umrandeten Tweets kommen von Accounts, denen ich nicht folge. Oder es sind Aktionen von anderen Nutzern, denen ich zwar folge, aber deren Aktionen ich bisher nie in meiner Timeline gesehen habe. Wie das Favorisieren. Habe ich das was verpasst?
Datenschutzerklärung
Auch die Datenschutzerklärung von Ello liest sich zunächst ziemlich gut. Da stehen so Sätze wie
As an ad-free network that does not sell data about its users to third parties, ..
und
We also don’t sell information about our users to any third party.
Erstmal nett. Anders auf jeden Fall. Liest man aber weiter, schlägt das schnell um. Denn anders sind auch diese Sätze:
We may share your personal information with third parties under several circumstances, including
(1) if you tell us it is OK to do so
(2) if we believe that we need to do so by law
(3) if we contract with a third party service provider to offer services for you — for example, with a credit card processing company if you decide to buy something through Ello.
Die Zeilenumbrüche bei den Aufzählungen sind von mir. Auf der Webseite sind diese Sätze in einem Absatz zusammengefasst. Echt jetzt, Ello? Was soll das? Die Punkte eins und zwei lasse ich mal außen vor. Mag korrekt sein und rechtlich notwendig. Aber was ist mit Punkt drei? Keine Informationen teilen. So lange, bis jemand vorbei kommt und es sich plötzlich lohnt? Und da ist noch ein netter Satz.
Ello does not have any affiliated companies right now. But if we do in the future, we may share information with them, too.
Ach so. Ich verstehe. Verkaufen wollt ihr meine Daten nicht. Ihr möchtet sie nur „teilen“. Ja ne, ist klar!
Ello ist wirklich anders. Anstatt direkt zu sagen, die Nutzerdaten werden verkauft oder es jahrelang zu leugnen, sagen sie direkt, dass sie es aktuell nicht tun. Aber wenn dann jemand vorbei kommt und sich das „Teilen“ der Daten plötzlich lohnt, seid ihr nicht abgeneigt?
Meine E-Mail für die Einladung ist mittlerweile gelöscht. So ein Scheiß braucht doch niemand. Oder zumindest ich brauche das nicht. Nicht noch ein Dienst, der spätestens ab siebenstelligen Benutzerzahlen mit den Daten Amok läuft.
Hier noch ein Beitrag, der sich um die Entstehung von Ello dreht und woher das Geld für den Dienst kommt: Ello, goodbye.
Herzlichen Glückwunsch, Ello. Ihr seid anders. Anders beschissen.
Hi,
zuerst: ich kenne Ello nicht und habe nur Deinen Text und die Zitate gelesen.
Ich bin mir nicht sicher, ob Du das korrekt verstehst – oder ich falsch / gutgläubig.
Punkt 3 im Bezug auf die Kreditkarte würde ich zB anders interpretieren. Für mich sieht das so aus wie „Wir nutzen Deine Daten nicht. Wenn Du aber über Ello etwas kaufst, dann leiten wir die Kreditkarteninformationen weiter“. Das müssen sie ja eigentlich auch; außer sie treten wie Amazon als einen Treuhand-Service auf, was ich irgendwie bezweifle. Den Satz „But if we do in the future, we may share information with them, too.“ ist für mich erst mal nicht tragisch, da sie gewisse Sachen an Partner weiter leiten müssen „Anzahl Nutzer, Durchschnittliche Aktivität“. Was mich da viel eher stören würde ist, dass nicht gesagt wird, was an diese Partner im Detail geteilt wird.
Grüße Ben
Hi Ben,
korrekt. So sehe ich das auch.
Egal was sie wann weiterleiten möchte, interessiert mich nicht. Die Tatsache, dass sie sagen, sie machen das im Moment nicht aber vielleicht in der Zukunft, reicht mir, um den Dienst zu ignorieren.
Die Sache mit der Kreditkarte ist ein gutes Beispiel: Ello möchte eine Kommunikationsplattform sein, schreiben jetzt aber schon, dass mal Dienste hinzugefügt werden können, um über Ello etwas zu kaufen. Will ich nicht, brauche ich nicht :). Fände ich bei Twitter genau so scheiße.
Grüße,
Fabian
Das geht vermutlich eher um spezielle Pro-Features. Brauchst du ja auch nicht. Kannst du als Poweruser dann aber kaufen, falls du es für notwendig hältst.
Anmerkung: den Post mit dem Namen „Why no Ads“ gibt es anscheinend nicht mehr. Im Post https://ello.co/wtf/post/about-ello steht aber ähnliches.
Die Idee hört sich, wie du auch schon gesagt hast, nach außen hin erstmal gut an. Was die Zukunft bringt, für Benutzer oder Betreiber. Man wird es sehen…
Viele Grüße
Marcell
Hallo Marcell,
ich bleibe gespannt und beobachte es weiter :). Anmelden kann ich mich immer noch.
Viele Grüße,
Fabian