Dieser Beitrag ist ein Gastartikel und von Jan verfasst, der LernMoment gestartet hat, um euch beim täglichen Lernen im beruflichen Alltag zu unterstützen. Viel Spaß beim Lesen.
Hand aufs Herz, wie viel hast du letzte Woche gelernt? Ich meine nicht den Namen eines neuen Kollegen, sondern beispielsweise die Verwendung einer Bibliothek oder Methode, mit der du deine alltägliche Arbeit schneller oder besser machen kannst. Scheinbar ist es gerade bei angestellten Softwareentwicklern so, dass für Weiterbildung im Tagesgeschäft keine Zeit bleibt.
Du bist verantwortlich für deine Bildung. Nicht dein Chef!
Sicherlich kennst du auch unrealistische Releasetermine, eine wenig wartbare und enorm komplexe Codebasis oder die Verwendung von neuen Technologien, die keiner im Team im Detail verstanden hat. Diese und viele weitere Gründe führen dazu, dass der angestellte Softwareentwickler rund 110% seiner Zeit für das Tagesgeschäft aufbringen muss.
Dieses Problem wurde bereits von Vielen erkannt und so starten immer mehr Teams in das Abenteuer *Agilität*. Versteh mich nicht falsch, eine agile Arbeitsweise kann viele positive Effekte haben. Die Frage ist nur: Bringt dir das mehr Zeit und Motivation zu lernen? Kurzfristig ist es definitiv mehr Stress. Langfristig hast du dann unter Umständen mehr Zeit, aber fängst du dann tatsächlich mit dem Lesen des Buchs an, welches schon seit Monaten auf deinem Schreibtisch liegt?
Viele Jahre habe ich damit verbracht, mich innerlich über diese Situation aufzuregen. Dabei habe ich fast immer meinem Chef oder anderen externen Umständen die Schuld gegeben. Schließlich konnte ich ja nicht lernen, weil ich keine Zeit dafür hatte. Damit stehe ich auch nicht alleine da. So fordert zum Beispiel Ralf Westphal in diesem Artikel mehr Zeit für das Lernen. Außerdem solle das Management fordern und fördern.
In den letzten Monaten bin ich allerdings zu der Einsicht gekommen, dass ich selber die Verantwortung für meine Bildung trage. Es ist egal, wie viel es zu tun gibt und was alles dazwischenkommt. Solange ich am Ende des Tages sage, dass ich wieder nichts gelernt habe, weil ich keine Zeit hatte, betrüge ich mich selbst.
Dein Wissen und deine Fähigkeiten sind für dich die wichtigsten Ressourcen, um professionell Software zu entwickeln. Sie sind der Schlüssel dazu weniger Fehler zu machen, deine Aufgaben schneller zu erledigen, mehr Wert für den Kunden zu erzeugen und so weiter. Letztendlich bestimmen das Wissen und die Fähigkeiten die du erlangt hast deinen Wert auf dem Arbeitsmarkt.
Warum du im Beruf nicht lernen solltest wie im Studium
Du freundest dich hoffentlich gerade mit dem Gedanken an, dass du (mehr) Verantwortung für deine Weiterbildung übernehmen musst. Das ist ein erster Schritt in Richtung professionelle Softwareentwicklung. Wie aber geht das ganz konkret? Es ist ja nicht so, dass du es bisher nicht schon versucht hättest, oder?
Ich habe 13 Jahre lang Erfahrung als angestellter Softwareentwickler gesammelt. Dabei habe ich viele Fortbildungen besucht und noch wesentlich mehr Bücher, Fachzeitschriften und andere Artikel gelesen. Das hat mich auch kurzfristig immer ein wenig weitergebracht. Die Herausforderung dabei ist jedoch, das Gelernte langfristig zu behalten und kontinuierlich auszubauen.
Das klappt nicht mit Fortbildungen und auch Bücher und Artikel können dir da nur partiell helfen. Am wichtigsten ist es das Lernen zu (d)einer Gewohnheit zu machen. Lerne täglich, genauso wie du täglich deine Zähne putzt. Ist dir schon mal aufgefallen, dass du für das Zähneputzen fast keine Motivation brauchst? Du machst es einfach. Überlegst du morgens im Bad, ob du heute Zähne putzt oder nicht? Überlegst du, ob es schon zu spät ist und du es besser sein lässt? Ich hoffe nicht.
Das Schöne am Lernen aus Gewohnheit ist, dass du wenig Motivation und Zeit brauchst. Genau das ist der Unterschied zum Studium. Im Studium ist das Lernen deine Hauptbeschäftigung. Im Beruf ist es das nicht. Die folgenden 3 Schritte, sind aus meiner Sicht die wichtigsten, damit du noch heute anfangen kannst das Lernen als Gewohnheit zu etablieren.
Schritt 1 – Definiere dein Ziel
Auch wenn das abgedroschen klingt, der erste Schritt beim Übernehmen der Verantwortung für deine Bildung ist das Definieren des Ziels. Dabei ist es nicht wichtig wie toll ausformuliert dein Ziel ist. Es geht mehr um die allgemeine Richtung. Willst du eine Programmiersprache, ein Werkzeug oder eine Methode, die du bereits im Detail kennst, komplett meistern? Oder willst du dich eher mit einem für dich komplett unbekannten Gebiet beschäftigen.
Für jedes allgemeine Ziel gibt es verschiedenste Lernmethoden. Sobald du dir über deine grundsätzliche Richtung klar bist, kannst du anfangen zu überlegen, wie du dein Ziel erreichen kannst.
Absolut wichtig ist, dass du es nicht übertreibst. Wenn du erst Stunden benötigst, um dein Ziel zu definieren, dann wirst du ganz schnell wieder mit dem Lernen aufhören oder erst gar nicht damit anfangen. Mit dem Anfangen beschäftigt sich auch der zweite Trick.
Schritt 2 – Fange klein an und werde nicht größer
Egal was dein konkretes Lernziel ist, fange klein an und überlege nicht lange. Es gibt Tage – gerade wenn du mit einer Aktivität neu anfängst – da bist du überaus motiviert. Du erstellst dir große Pläne. Malst dir aus, was du alles erreichen und schaffen willst. Vergräbst dich stundenlang und arbeitest auf dieses Ziel hin.
Dann kommen aber auch Tage, an denen es nicht so läuft. Du investierst immer noch viele Stunden, aber kommst einfach nicht voran. Solche Tage sind es, die für dich zum Problem werden. Du stellst plötzlich fest, dass dein Ziel riesig ist. Es ist sogar so riesig, dass du es nicht überblicken kannst. Genau das ist ungemein demotivierend.
Wenn du von Anfang an übst, alles in kleine Minischritte zu unterteilen, dann kannst du jeden Tag dein Ding machen und erfolgreich damit sein. Wenn du nur wenige Minuten am Tag lernen „musst“, dann ist das auch an schlechten Tagen zu erreichen. Falls du schon in einem *agilen Team* gearbeitet hast, dann kennst du diese Denkweise.
Es geht darum zu liefern. Immer. Wenn du dich an einem Tag richtig motiviert fühlst, dann kannst du natürlich mehr machen. Erwarte dies aber nicht von dir. Dein Tagesziel sollte immer konstant klein sein. Aus meiner Erfahrung sind wenige Minuten am Tag ausreichend. Die schaffst du auch an einem richtig stressigen Tag.
Schritt 3 – Lerne regelmäßig
Eine Gewohnheit ist eine Reaktionsweise, die nach entsprechender Wiederholung wie automatisch ausgeführt wird. Willst du dir das Lernen zur Gewohnheit machen, solltest du es regelmäßig machen. Ähnlich wie beim Zähne putzen kann dir ein Auslöser helfen. Wie wäre es zum Beispiel, wenn du jeden Tag in oder nach der Frühstückspause einen kurzen Fachartikel liest?
Die Regelmäßigkeit wird dir helfen, unabhängig von deiner Motivation und den äußeren Umständen zu lernen. Wenn du jeden Tag wenige Minuten lernst, hört sich das erstmal nicht viel an. Wie ist es aber, wenn du es tatsächlich jeden Tag machst?
Rechne das doch mal durch. Sagen wir an einigen Tagen im Jahr lernst du nicht, aber an 330 Tagen schaffst du es. Wenn du nun jeden Tag 5 Minuten lernst, sind das 27,5h im Jahr. Auch das kann sich für dich noch wenig anhören, aber wenn dein Fachbuch nur auf dem Schreibtisch liegt, lernst du wesentlich weniger. Du kannst es auch mit einer 3,5 tägigen Fortbildung vergleichen. Nur ist das Lesen von Artikeln oder üben einer bestimmten Methode für dich komplett kostenlos. Außerdem nimmst du die Sache selbst in die Hand und bist nicht von deinem Chef abhängig.
Jetzt bist du dran
Die Schritte sind allgemein gehalten, aber du solltest eine erste Idee bekommen worum und wie es geht. Weiterbildung im Beruf ist ein wichtiger Grundstein für deinen beruflichen Erfolg. Gib nicht die Verantwortung an jemand anderen ab, sondern kümmere dich selbst.
Es gibt unzählige Informationen zu verschiedensten Lernmethoden und bereits viele Angebote im Internet, die dich beim Lernen unterstützen. Fang am besten sofort an. Du kannst dein Vorgehen im Laufe der Zeit anpassen und selbst herausfinden, was für dich funktioniert und was nicht. Solange du jedoch nur zu dir sagst „man müsste mal“, wird sich nichts ändern.
Pack es jetzt sofort an.
Jan
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